"Ich will Ayrton nicht kopieren”
Bruno Senna (23) strebt in die Formel 1
Hockenheim - Der Tod von Ayrton Senna hat nicht nur eine Ära in der Formel 1 beendet. Er hat auch einer jungen, viel versprechenden Karriere fast ein Ende gesetzt. Bruno Senna, der Sohn von Ayrtons Schwester Viviana, war zehn Jahre alt, als sein Onkel starb. Danach verbot ihm die Familie den geliebten Sport. Heute ist Bruno 23. Er fährt seit zwei Jahren wieder Rennen und will unbedingt in die Formel 1.
Herr Senna, wie viel Druck bringt Ihr Name mit sich?
Bruno Senna: Die Leute vergleichen mich mit Ayrton, wie er auf der Spitze seiner Karriere war. Ich bin aber erst am Anfang. Für mich ist das kein Problem. Ich gehe meinen eigenen Weg. Ich will ihn nicht kopieren. Und auch nicht seine unvollendete Karriere zu Ende bringen.
Sie wollen nächstes Jahr GP2 fahren, in der zweithöchsten Kategorie im Motorsport. Warum so schnell?
Senna: Wenn ich in die GP2 komme und dort einen guten Job mache, würde das sicher eine Tür in die Formel 1 öffnen. Ich glaube, dass ich fähig bin, dorthin zu kommen und erfolgreich zu sein. Und jetzt brauche ich eine Möglichkeit, zu lernen.
Seit wann ist Formel 1 ihr Ziel?
Senna: Seit zwei Jahren. Seit ich wieder Rennen fahre.
Nach dem Tod Ihres Onkel durften Sie nicht mehr Kart fahren. Wie waren die Jahre danach für Sie?
Senna: Ich habe nie aufgehört, den Motorsport zu lieben. Aber ich habe keinem etwas erzählt. Weil ich wusste, dass es der Familie weh tun würde. Mit der Zeit wurde mir aber bewusst, wie sehr ich das Rennfahren liebe.
Irgendwann wurde der Wunsch also zu groß.
Senna: Genau. Mit 18 habe ich in einer Firma der Familie gearbeitet, war aber sehr unzufrieden. Da fragte meine Mutter: „Was möchtest Du in deinem Leben tun?” Da sagte ich: „Ich möchte wieder Rennen fahren.” Sie war überrascht, ließ mich aber Kart fahren. Sie verstand auch, dass ich es ernst meinte. Sie flog nach Österreich und hat Gerhard Berger einen Helm von Ayrton gebracht und von mir erzählt. Er hat mir einen Test in der Formel BMW organisiert. Nach zehn Tagen war ich schneller als der Meister. Da hat Gerhard mir geraten, direkt in die Formel 3 zu gehen. Er sagte: „Das wird eine harte Erfahrung, weil du gegen Leute fährst, die viel Erfahrung haben. Aber wenn du das schaffst, ist das gut für deine Karriere.”
So kam es auch. Sie waren dieses Jahr schon Dritter in der britischen Formel 3.
Senna: Ich denke, es war richtig so. Wenn man meine erste mit der zweiten Saison vergleicht, sieht man, dass ich jetzt viel öfter in den Punkten gelandet bin.
Sie hatten in Snetterton einen schlimmen Unfall. Ihr Auto stieg in die Luft, wäre fast gegen eine Brücke geknallt und blieb als ein Haufen Schrott liegen. Ihre Mutter sieht den Unfall wohl weniger nüchtern.
Senna: Klar. Aber das war auch eine gute Lektion für sie. Die größte Sorge meiner Familie ist, dass der Motorsport immer noch unsicher ist. Als meine Mutter das Auto sah, war sie einerseits besorgt, aber auch sehr erleichtert, dass nichts passiert ist.
Was erwarten die Brasilianer von Ihnen?
Senna: Sehr viel. Aber sie verstehen nicht, dass Rennfahren nichts Genetisches ist. Das hat Ayrton genau so gesagt: „Talent ist ein wichtiger Teil des Ganzes, aber Erfahrung ist noch viel wichtiger.” Als er in die Formel 3 ging, lagen elf Jahre Go-Kart hinter ihm. Ich hatte nichts. Jedes Rennen ist eine neue Erfahrung, mit der ich an Zuversicht und Speed gewinne.
Juha Päätalo
